Planung eines Großereignisses in einer x-beliebigen Stadt Im Vergleich zu Planung eines DFB-Pokal-Spiels beim 1. FC Saarbrücken
1. Vorbereitung
Stadt X: Der Kartenverkauf in einer x-beliebigen Stadt
beginnt, so wie eben üblich, frühstmöglich an mehreren bekannten VVK-Stellen
schön über die Stadt verteilt
Saarbrücken: Es gibt weit vor den Toren der Stadt genau eine
VVK-Stelle, die Öffnungszeiten hat, die es einem normalarbeitenden Menschen mit
Familie nahezu unmöglich machen, Karten zu erwerben. Glücklicherweise hab ich
ja noch ein paar Tage Urlaub übrig, damit ich mir doch noch ne Karte besorgen
kann…
2. Vorbesprechungen
Stadt X: Die handelnden Personen versammeln sich möglichst
bald nachdem die Großveranstaltung bekannt wurde, um zu besprechen, wie man
hierauf reagiert. Es werden die Besonderheiten erörtert und Pläne geschmiedet,
um einen möglichst reibungslosen Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten. Als
bekannt wird, dass es extreme Temperaturen geben wird, wird zwischen allen
Beteiligten zusammengearbeitet, um zu gewährleisten, dass auch mit
Extremsituationen umgegangen werden kann.
Saarbrücken: Die üblichen „Verdächtigen“ gratulieren sich gegenseitig
zu dem Superlos Schalke 04, beschließen, alles so wie immer zu machen und
fahren dann schnellstmöglich zur nächsten „Bitburger“-Haltestelle.
3. Die letzten Tage und Stunden vor der Veranstaltung
Stadt X: Nach Absprache aller Beteiligter wird verlautbart,
dass Polizei, Stadt und Verein empfehlen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln
anzureisen, es wird weiter darauf hingewiesen, dass eine Mitnahme von Getränken
auch in PET-Flaschen nicht gestattet ist, es wird aber angekündigt, dass es
genug Getränke geben wird, man veranstaltet sowas ja nicht zum ersten Mal.
Saarbrücken: Nach Absprache aller Beteiligter wird
verlautbart, dass Polizei, Stadt und Verein empfehlen, mit öffentlichen
Verkehrsmitteln anzureisen, es wird weiter darauf hingewiesen, dass eine
Mitnahme von Getränken auch in PET-Flaschen nicht gestattet ist, es wird aber
angekündigt, dass es genug Getränke geben wird, man veranstaltet sowas ja nicht
zum ersten Mal. Der Fanbetreuer wird sogar vorgeschickt, um in Internetforen
noch einmal darauf hinzuweisen, dass man gerade mit dem Caterer nochmal
besonders sprechen und auf die Situation hinweisen werde.
4. Die Anreise
Stadt X: Gutgelaunt steigt Familie X in die städtische
Bahn/den Bus, der direkt am Stadion halten wird. Man witzelt und ist voller
Vorfreude. Der nette Rentner, der immer am Stock gehen muss, sitzt in der Reihe
davor. Man kann sich so ja mal kennenlernen, hilft gerne beim Aussteigen aus
Bus/Bahn
Saarbrücken: Ab zwei Stunden vor Spielbeginn werden die
Bahnen aus Richtung Stadt, die einen in Stadionnähe bringen sollen, so dass man
gerade mal einen Fußweg von minimal weniger als 2 km hat, „wegen technischer
Probleme“ abgeschaltet. Nix geht mehr. Wobei, genaugenommen gehen Alt und Jung,
Familien, Gehbehinderte, Leichtbekleidete bei 35 Grad, und zwar zu Fuß Richtung
Ludwigspark.
5. Die Ankunft am Stadion
Stadt X: Nach einer ordentlichen Kontrolle, bei der Taschen
und Kleidung kontrolliert werden, betritt man nach 500 m Marsch das Stadion. Abgesehen
von der doch heftigen Hitze scheint alles perfekt. Man geht an einen der
zahlreichen Getränkestände, um nach ca. 5 Minuten Wartezeit das alkoholfreie
Getränk seiner Wahl in Händen zu halten.
Saarbrücken: Ohne durch eine dieser Kotrollen behelligt zu
werden, betritt man das offensichtlich nur von friedliebenden Menschen
bevölkerte Stadion. Leicht irritiert geht man Richtung Block in Erwartung der
Möglichkeit, vor Anpfiff noch ein Kaltgetränk seiner Wahl zu sich nehmen zu
können. Schnell erkennt man die Aussichtslosigkeit des Unterfangens,
schließlich muss man ja irgendwie noch an einen Schattenplatz für sich (und die
Kinder?) finden können. Als dieser gefunden ist, wagt man sich ein zweites Mal
in Richtung der nur schwer zu findenden wenigen Getränkeständen, um
festzustellen, dass der Getränkekauf auf später verschoben werden sollte, bei
diesem Andrang. Der Glücklichen, der gerade einen Becher Wasser in der Hand
hält, erzählt einem noch, dass er dafür jetzt noch nicht einmal ne halbe Stunde
angestanden habe.
6. Die ersten Minuten des Spiels
Stadt X: Die heimische und die gegnerische Mannschaft zeigen
entweder ein schönes Spiel oder „Sommerfußball“, wie entsprechend langsam
dahinlaufende Spiele bei hohen Temperaturen auch genannt werden. Man unterhält
sich noch über die Fan-Choreographie und gönnt sich einen tiefen Schluck aus
seinem Apfelschorlebecher.
Saarbrücken: Mit Anpfiff müsste sich die Situation an den
Getränkeständen doch jetzt verbessert haben, außerdem jammern Opa und die
Kinder. Man muss jetzt endlich Getränke besorgen. Also nix wie los, zu den nach
wie vor keinen Deut leereren Getränkeständen. Nachdem man festgestellt hat,
dass die 25 Minuten Anstehen echt nicht untertrieben waren, gelang man an eine
der zu viel zu wenigen anwesenden Servicekräften, um von dieser zu erfahren,
dass das Wasser zwar alle wäre, aber noch jede Menge Bier und Cola da sind. Na,
da werden sich die Kinder ja freuen, wirklich viel Auswahl…es wird einem
zugesichert, dass aber spätestens zur Halbzeit wieder Wasser und andere Getränke
da wären. Na gut, also warten wir eben bis dahin.
7. Halbzeitpause
Stadt X: So langsam nähert sich die Halbzeitpause, also
sollte man schnellstmöglich los, um sich ein weiteres Getränk zu sichern. Wenn
man erst zur Halbzeit geht, kann das ja bis zu 10 Minuten dauern, bis man was
zu Trinken bekommt, und ne Wurst will man ja auch noch. Rechtzeitig zu Beginn
der Halbzeitunterhaltung steht man wieder an seinem Platz. Die Hartgesottenen
erfreuen sich an der Feuerwehr die zur Hitzeabwehr eine leichte Wasserbrise in
den Block spritzt. Krankenwagen hat man bisher Gott sei Dank noch keinen
gesehen.
Saarbrücken: So langsam leert sich der E-Block; ob die wohl
alle was wissen: Gibt es wieder Wasser? Meine Tribünennachbarn witzeln derweil
schon: Scheint ja mehr Krankenwagen als Polizeiautos in SB zu geben. Heftig
finden sie allerdings ebenfalls, dass so viele Leute umkippen. Der inzwischen
nervöse Familienvater in der Reihe hinter mir hat inzwischen zu seinem Sohn
gesagt, dass sie jetzt besser nach Hause gingen, bevor einer von den beiden
auch noch umkippe. Ich mache mich derweil mal wieder auf die Suche nach Wasser.
Die Ankündigung, dass es in der Halbzeit Neues gäbe, war aber, wie ich schnell
an den Bechern erkenne, falsch. Nun ja geh ich eben mal in den Nachbarblock,
vielleicht gibt es da ja was. Schnell stelle ich allerdings fest, dass das mit
dem Nachbarblock nichts werden wird. Ein Kontrolleur, der offensichtlich vorhin
mit seinen Kollegen die eher laschen Kontrollen zu verantworten hat, scheint
für die Halbzeit eine deutlich klarere Ansage zu haben. „Nix da! Mit der Kart
derfschde do nidd ninn!“ Auch das Argument, dass ich doch eigentlich nur nen
Becher Wasser holen will, bringt mich nicht weiter. Wie ich schnell von den
Fans aus dem Nachbarblock erfahre, ist es auch dort längst ausgegangen. Also
zurück, um meinen Begleitern mitzuteilen, dass man jetzt überlegen müsse, ob
man wirklich hier bleibe. Man diskutiert darüber, ob man nicht eventuell mal
per Durchsage auf die fatale Durchsage hätte hinweisen sollen. Stattdessen hat
aber der Stadionsprecher sogar in der Halbzeit das Publikum aufgefordert,
Wasser zu trinken. Kommentar überflüssig. Das Spiel interessiert spätestens zu
diesem Zeitpunkt keinen mehr.
8. Abreise
Stadt X: Nach Abpfiff freut man sich über den Sieg seiner
Mannschaft oder ärgert sich eben, weil sie verloren haben. Man steigt in einer
der jetzt doch wirklich sehr vollen Stadtbahnen. Väter/Mütter mit Kindern sagen
diesen, man warte noch kurz, die nächste Bahn komme direkt und die wäre dann
auch deutlich leerer. Man freut sich schon auf das nächste Spiel!
Saarbrücken: Hat man noch rechtzeitig das Stadion verlassen,
ohne sonderlich die eigene Gesundheit gefährdet zu haben, findet man auch
außerhalb des Stadions den einen Getränkestand wasserlos vor. Hat man sich
dagegen entschieden, durchzuhalten, wartet noch ne „lustige“ Heimreise auf
einen. Die Stadtbahn hat beschlossen, auf das Großereignis nicht zu reagieren
und scheinbar keine weiteren Bahnen einzusetzen. Man begeht den großen Fehler,
sich in eine dieser Bahnen zu drängen, um dort dann festzustellen, dass es
tatsächlich noch heißer und stickiger als eben im Stadion geht. Zu Hause
angekommen beschließt man, keinesfalls mehr einen solchen Höllentrip mitzumachen.
Der 1. FC Saarbrücken kann einem wirklich gestohlen bleiben!
9. Fazit:
Ihr lieben Menschen, die Ihr alle umgekippt seid, ich
wünsche Euch schnellstmögliche Gesundung und hoffe, dass Ihr keine bleibenden
Schäden erlitten habt!
Liebe mitleidende Stadionbesucher: Ich hoffe, Ihr seid alle
gesund nach Hause gekommen!
Verantwortliche der Veranstaltung und des 1. FC Saarbrücken:
Ich wünsche mir, dass der Verein schnellstmöglich im Saarlandpokal ausscheidet,
damit niemand mehr eine solche Veranstaltung erleben muss. Ich bin offen und
ehrlichgesagt schlicht schockiert!
Also bitte diesmal
nicht einfach „Mund abputzen und weitermachen“, sondern erst einmal eine
ernstgemeinte Wiedergutmachung. Und bitte bitte, das nächste Mal Hilfe holen.
Ich glaube, es gibt dieses Wochenende republikweit 32 dieser Großveranstaltungen.
Die 31 anderen können bestimmt wertvolle Tipps geben, wie man eine derartige
Veranstaltung durchführt…