- Offizieller Beitrag
Mike Frantz, langjähriger Bundesligaspieler vom 1. FC Nürnberg und dem SC Freiburg, aber in erster Linie ein Saarbrücker Junge und den FCS-Fans bestens bekannt. Für unser Forum nimmt er sich die Zeit ein bisschen über seine Karriere zu berichten.
Hallo Mike, von der Folsterhöhe über den AFC Saarbrücken und den FCS nach Neunkirchen. Was ist Dir aus dieser Zeit ganz besonders hängen geblieben?
Mike Frantz: Hallo. Der Braschenplatz, wie man bei uns dahemm sagt. Oft hab ich meinem Bruder beim AFC zugeschaut. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich jemanden aus alten Tagen sehe.
Im Gegensatz zu einigen anderen Fußballern hast Du eine abgeschlossene Ausbildung. Woher kam der Antrieb, nicht nur auf den Fußball zu setzen?
MF: Für mich war die Ausbildung damals ein Muss. Jeden Moment hätte Fußball vorbei sein können. Dementsprechend fand ich das damals relativ normal.
Nach der Rückkehr zum FCS 2006 warst Du recht schnell ein wichtiger Bestandteil der Ersten Mannschaft, ging damit ein Kindheitstraum von Dir in Erfüllung?
MF: Absolut. Als ich das erste Mal im Park war wollte ich nie woanders spielen. Ich hatte immer eine ganz besondere Beziehung zu den Fans und dem Verein. Ich war, bin und werde Fan dieses Vereins sein.
Wie hast Du insgesamt die Saison 2007/08 auch unter den Trainern Krüger und Kaminski wahrgenommen, die von Klubseite her leider nur auf Platz 5 in der Oberliga und damit quasi den Abstieg in Liga 5 beendet wurde?
MF: Michael Krüger war sozusagen mein erster richtiger Profitrainer. Er hatte sehr viel Erfahrung und ich habe sehr gerne unter ihm gespielt. Leider hatte er uns damals nach der Winterpause verlassen. Ich glaube, wäre er länger im Verein geblieben, hätte man richtig was aufbauen können.
Alfred hatte viele neue Ideen, viele gute auch dabei, aber ein komplett anderer Typ. Ich persönlich hatte eine richtig gute Saison und bin leider in der entscheidenden Phase ausgefallen. Zu dem Zeitpunkt war ich in absoluter Top-Verfassung. Leider musste ich dann mit ansehen, wie wir unser Ziel nicht erreicht haben. Ich kann die Enttäuschung heute noch spüren.
Danach ging es für eine sehr lange Zeit bis 2014 zum Club nach Nürnberg. Was waren hier in diesen Jahren Deine unschönsten und vor allem schönsten Erlebnisse?
MF: Zu Beginn hatte ich viel Verletzungspech, das hat mich doch sehr geprägt.
Natürlich der Aufstieg. Vor über 50.000 Zuschauern. Auch da hatte ich eine sehr gute Zeit und war Leistungsträger.
Das Bitterste war dann nach 5 erfolgreichen Kämpfen gegen den Abstieg dann der Abstieg. Wir hatten zur Rückrunde 8 langzeitverletzte Stammspieler. Das war natürlich nicht aufzufangen. Dennoch habe ich es geliebt für Nürnberg zu spielen.
Auch Manuel Zeitz zog es kurzzeitig zum Club nach Dir und Philipp Wollscheid. Hatte er sich da bei Dir erkundigt und hattet ihr viel miteinander zu tun?
MF: Ja klar. Manu ist zu einem meiner besten Freunde geworden. Vom Talent und Ehrgeiz her hätte Manu es genauso verdient gehabt in der Bundesliga zu spielen. Man sieht es heute noch. Eigentlich ist er zu gut für die 3. Liga. Im Fußball spielen jedoch die Trainer die entscheidende Rolle. Entweder einer steht auf dich oder nicht. Bei Philipp war es anders. Er war damals zur richtigen Zeit am richtigen Ort!
Nach dem Abstieg aus der 1. Liga 2014 ging es ebenfalls für eine für heutige Verhältnisse enorm lange Zeit bis 2020 zum SC Freiburg und zu einem Trainer, der gerade aktuell für mehr Furore sorgt als sonst: Christian Streich. Aus erster Hand Mike, was zeichnet das Urgestein Streich aus und was unterscheidet ihn von den anderen Trainern, die Du erlebt hast? War er vielleicht der Hauptgrund für Deinen Wechsel?
MF: Er war natürlich der entscheidende Faktor, versteht mit seinem Team mehr von Fußball als bisher alle, die ich erlebt habe. Er will dich jeden Tag besser machen. Und das ist nicht nur eine Floskel. Sehr detailversessen. Er arbeitet härter als alle anderen. Und das erwartet er auch von den anderen. Er ist sehr ehrlich. Ihm ist es egal, was du erreicht hast. Es zählt nur die Leistung im Training und auf dem Platz, ob jung oder alt. Sehr anstrengend, aber letztendlich will er das Beste aus jemandem herausholen. Ich bin sehr glücklich, dass ich sechs Jahre mit ihm arbeiten durfte.
Was unterscheidet Deiner Meinung nach das Umfeld von Freiburg und dem FCS?
MF: Die beiden Vereine kann man nicht mit einander vergleichen. Freiburg hat sich mit herausragender Jugendarbeit zu dem Verein etabliert, der er heute ist. Leute arbeiten dort in wichtigen Positionen seit Jahrzehnten. Es herrscht ein unheimliches Vertrauen. Und dennoch ist es ein ständiges Hinterfragen. Der Übergang vom NLZ bis zu den Profis ist perfekt ausgearbeitet und ein fließender Übergang. Saarbrücken hatte immer wieder Wechsel in wichtigen Bereichen. Und eines hat es mich gelehrt: Um etwas zu entwickeln braucht man einen guten Plan und vor allem Zeit und den Glauben daran. Eine DNA, mit der sich jeder identifizieren kann.
2020 dann der Wechsel vom SC Freiburg nach Hannover. Was gab den Ausschlag den SCF zu verlassen und was sprach für Hannover und keinen anderen Klub?
MF: Zuerst war ich natürlich auch in Gesprächen mit dem FCS. Hatte klar meine Position klar gemacht nach Hause zu kommen. Leider war die Aussage damals, dass der Kader für nächste Saison schon fertig ist. Daraufhin habe ich mich dann auch wieder neu sortieren müssen. Dann gab es die Anfrage aus Nürnberg und Hannover. Mein Herz hatte gesagt ich soll zum „Glubb“ zurück. Zu dem Zeitpunkt hatte der Verein allerdings keinen Trainer und Sportdirektor. Es lief nur über Dieter Hecking.
Hannover hatte eine tolle Mannschaft und der Aufstieg war das Ziel! Dem wollte ich mich stellen. Allerdings merkte ich vom ersten Tag, dass es fast unmöglich war. Gefühlt jeder gegen jeden. Was übrigens dann auch zeigt, dass es im Fußball nur mit Zusammenhalt als Team funktioniert und nicht über die besten Spieler.
Aus Freiburg weg zu gehen war richtig. Ich hatte eine unfassbar erfolgreiche Zeit als Kapitän. Ich merkte aber, dass ich nach den Jahren viel abgenutzt hatte. Ich bin mir immer treu geblieben, musste mich nie verstellen. Ein unfassbar toller Verein mit herausragender Führung, immer weitsichtig und viele Top-Entscheidungen. Zum Beispiel Karim Guédé oder Julian Schuster in wichtige Aufgaben einzubinden. Keiner stellt sein Ego in den Vordergrund was, glaube ich, der Hauptgrund für den Erfolg ist.
Unsinnig zu fragen, ob Du den FCS verfolgst, daher die Frage, wie Du von außen den damaligen Höhenflug im DFB-Pokal des Klubs erlebt hast und wie Du die aktuelle Lage bei den Blau-Schwarzen einschätzt kurz vor Ende des zweiten Jahres nach dem Wiederaufstieg in Liga 3.
MF: Keine Frage. Von Beginn an, als ich Saarbrücken verlassen hatte war das Erste, was ich getan habe zu schauen, wie Saarbrücken spielt bzw. gespielt hat. Seitdem es Magenta Sport gibt habe ich jedes mögliche Spiel, was zeitlich gepasst hat, natürlich auch gesehen.
Das war natürlich ein einzigartiges Erlebnis, was die Jungs da erreicht haben. Ich glaube, damit so eine Saison auch mal kommt, muss alles zusammenpassen. Das Quäntchen Glück, was man da auch mal auf seiner Seite braucht und was vielleicht auch in den letzten Jahren in Saarbrücken gefehlt hatte. Das war eine herausragende Arbeit, insbesondere auch von den Spielern. Gerade als Underdog da immer weiter zu kommen ist auch mental nicht immer so einfach. Deswegen war das natürlich auch für mich persönlich mit ein bisschen Abstand von hier ein absolutes Highlight auf was ich mich, glaube ich, auch mehr gefreut hatte als auf ein Topspiel in der Champions League.
Ich glaube, die Jungs spielen eine sehr sehr gute Rolle. Das zweite und dritte Jahr ist nicht immer ganz so einfach, vor allem in dieser Liga, in der einfach auch eine enge Leistungsdichte herrscht. Ich glaube, mit den Derbyniederlagen ist natürlich ein bisschen die Stimmung getrübt, keine Frage und das tut weh. Da habe ich mich natürlich auch selbst drüber aufgeregt und habe da einfach auch mitgefiebert als Fan. Und diese Emotionalität als Fan ist auch extrem wichtig und das gehört einfach auch dazu. Dennoch glaube ich, dass man immer die Sachen rational bewerten muss und das Entscheidende immer ist: Ist da eine Truppe auf dem Platz, die alles gegeben hat? Aber nichtsdestotrotz tun die Niederlagen gerade insbesondere gegen den FCK einfach brutal weh, das ist einfach so. Aber ganz rational betrachtet glaube ich, haben die Jungs eine sehr sehr ordentliche Saison gespielt. Man darf nicht vergessen, dass sehr wichtige Spieler auch immer wieder weggebrochen sind und das zeigt einfach auch - selbst in der Bundesliga -, wenn Mannschaften drei oder vier ihrer Leistungsträger nicht an Bord haben, dass es dann für jedes Team schwer ist, selbst für Bayern München. Und ich glaube mit diesen ganzen Dingen, die halt in der Saison passiert sind, kann man zufrieden sein. Nichtsdestotrotz ist doch klar, dass jeder auch in Saarbrücken wieder die Sehnsucht nach der 2. Liga hat.
Ein Lieblingsthema, nicht nur bei uns hier im Forum, der „neue“ Ludwigspark. Deine Meinung, gelungen oder nicht gelungen?
MF: Wahnsinn! Ich war leider bisher noch nicht live dabei. Aber im Fernsehen die Stimmung, was die Fans, die richtigen Fans des Vereins, da abreißen, boah, Wahnsinn muss man sagen! Die Laufbahn im alten Ludwigspark hat schon immer ein bisschen genervt und gestört. Ich finde, nach den ganzen Problemen im und ums Stadion herum - aber das gehört auch irgendwie auch ein Stück weit zu Saarbrücken, dass nicht immer alles glatt läuft-, ist es jetzt aus der Entfernung absolut gelungen. Ich glaube, total gut auch, dass man nicht wieder einen riesen Kessel hingestellt hat, sondern ein Stadion, in dem die Stimmung extrem gut transportierbar ist.
Und ich freue mich mega, das erste Mal dann in den Park zu kommen und mir das dann live vor Ort anzuschauen. Ein ganz toller Aspekt dazu ist, dass das Stadion einfach noch im Ludwigspark an gleicher Stelle ist. Das hatte ich auch erlebt in der Bundesliga, wo viele Betonteile, sage ich jetzt mal irgendwo hingestellt worden sind und einfach dem Faktor Tradition nicht gerecht geworden sind. Deswegen ist es umso schöner, dass in Saarbrücken einfach ein neues Stadion am gleichen Ort steht.
Du wirst im November 36 Jahre, hattest leider zwischendurch öfter mit Verletzungen zu kämpfen. Siehst Du Dich noch das ein oder andere Jahr als Fußballer im Profibereich oder wird demnächst schon ein neues Kapitel aufgeschlagen?
MF: Ich glaube, wenn man das über einen so langen Zeitraum professionell macht, wie ich es tue, dann ist es normal, dass man die ein oder andere Verletzung einstecken muss. Man muss einfach auch wissen, dass 90 % der Verletzungen anhand von Zweikämpfen passiert sind, was das Ganze auch noch mal relativiert. Und ich denke jeder der mich kennt weiß auch, dass ich immer sehr sehr körperbetont agiert und immer alles rausgehauen habe, in jedem Spiel.
Aber das Wichtige und Entscheidende war, dass ich keine schwerwiegende Verletzung hatte, was die Knie oder irgendwelche Brüche anging. Deswegen kann ich sagen, dass ich in herausragender körperlicher Verfassung bin für mein Alter, ich natürlich hier auch eigentlich viel mehr hätte spielen müssen. Aber da gab es einfach dann auch intern mehrere Probleme, weil ich jemand bin, der seine Meinung klar sagt und das gefällt dann dem ein oder anderen nicht. Aber für mich ebenso da wieder, ich bin mir treu geblieben, war immer ehrlich und gerade. Das ist für mich das Wichtigste, ich kann in den Spiegel schauen. Ich denke, dass kann jeder Mitspieler, mit dem ich gespielt habe, auch bestätigen, dass das so war; ich habe mich beständig auch für meine Mitspieler und Kameraden eingesetzt, was für mich immer sehr wichtig war.
Klar hätte ich noch Lust zu kicken, sage aber allerdings auch, es muss schon klar passen von den handelnden Personen her, von der Art und Weise der Zielsetzung, wo man hin will, wo man ist und wenn das passt kann ich mir natürlich schon vorstellen weiter zu spielen. Aber ich habe auch gesagt erst mal freue ich mich, dass ich nach Hause komme nach Saarbrücken im Sommer und dann in meinem Haus mit meiner Frau zusammen eine Entscheidung treffe. Das habe ich so gesagt und mir vorgenommen und so werde ich das auch handhaben.
Eine Rückkehr in irgendeiner Form zum FCS. Denkbar für Dich oder nicht?
MF: Absolut! Ich glaube, ich habe da auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass Saarbrücken für mich einfach Heimat ist. Ich war mit 6 oder 7 Jahren das erste Mal im Park und die Faszination hat bis zum heutigen Tag nie nachgelassen. Dennoch sage ich auch, es hängt natürlich immer von den handelnden Personen ab, in welche Richtung man sich weiterentwickeln will. Ich glaube schon, dass ich auch ein Typ bin, der Dinge anpackt, der Dinge auch verändern will. Beziehungsweise an guten Dingen verstärkt weiter zu arbeiten und das ist dann immer eine Frage von: Passt das zusammen oder nicht?
Die Bereitschaft -wie gesagt- war, ist und wird immer da sein. Allerdings muss es natürlich dann in Zukunft von der Ausrichtung halt passen, was sich der Verein vorstellt und was ich mir vorstelle.
So war ich geprägt immer das Maximale rauszuholen, nie aufzuhören, auch wenn es schwer ist, weiter zu machen. Gerade dann, wenn es schwer ist, weiter zu machen! Ein sehr weiser Mann hat mal von Frustrationstoleranz gesprochen und da, glaube ich, trennt sich die Spreu vom Weizen. Und das wird man sehen, da wird es mit Sicherheit Gespräche geben. Saarbrücken war, ist und wird immer für mich eine Herzensangelegenheit sein.
Möchtest Du zum Abschluss den Fans noch etwas mitgeben?
MF: Erst mal finde ich es schön, dass die Fans wieder richtig zusammen gefunden haben nach dem jahrelangen Streit zwischen verschiedenen Fangruppierungen. Das ist, denke ich, wichtig. Im Fußball funktioniert es nur wenn Verein, Fans und Mannschaft eine Einheit sind, dass man gegenseitiges Verständnis hat, ähnlich wie in einer Beziehung. Das ist für mich das wichtigste Argument, um Erfolg zu haben. Ich denke grundsätzlich, dass wir sehr gute Fans haben, sehr treue Fans, natürlich auch sehr fanatische Fans und manchmal schlägt es ein bisschen über die Stränge. Da wünscht man sich natürlich auch ein bisschen mehr Verständnis dann auch für eine schlechtere Leistung.
Aber im nächsten Augenblick kann ich es total nachempfinden. Fan sein bedeutet einfach, dass man auch mit richtig schwierigen Situationen umgehen muss und ich glaube, dass insbesondere die Saarbrücker Fans in den Jahren davor sehr leiden mussten. Ich hoffe, dass man die Realität weiter im Auge behält und nach jahrelanger Abstinenz vom Profifußball ist es auch mal gut, sich da nun wieder zu etablieren. Nichtsdestotrotz ist es natürlich wichtig diese Euphorie, die auch die Fans jetzt wieder entfacht haben, beizubehalten und ich hoffe, dass ich bald wieder viele ehemalige Weggefährten im Ludwigspark sehen werde.
Vielen Dank für das Interview!